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Über 100 Frauen und Mädchen spielen im Glarnerland Fussball

Eine Aktivmannschaft und vier Juniorinnenmannschaften gibt es für die Frauen und Mädchen im Glarnerland. Ein Überblick zum Frauenfussball im Glarnerland.

Paul
Hösli
21.07.23 - 04:30 Uhr
Fussball

Seit gestern Donnerstag läuft in Australien und Neuseeland die Fussballweltmeisterschaft der Frauen. Die Schweiz bestreitet heute Freitag um 7 Uhr Schweizer Zeit im neuseeländischen Dunedin ihr erstes Spiel gegen die Philippinen. Aber wie sieht es eigentlich im Glarnerland mit dem Frauenfussball aus? Die «Glarner Nachrichten» haben am Mittwoch berichtet, dass mit Ardita Iseni erstmals eine Fussballerin aus dem Kanton im Ausland spielt.

Die 21-jährige Näfelserin unterschrieb beim norwegischen Verein Tromsø IL ihren ersten Profivertrag. «Das ist natürlich der Hammer. Es kann schon eine Initialzündung sein und junge Glarner Fussballerinnen motivieren», sagt Mirjam Studler, die Leiterin Frauenfussball beim FC Schwanden. Es sei schön, dass der Frauenfussball langsam profitabler für die Spielerinnen werde, speziell im Ausland. «Die Schweiz hinkt da leider noch ein wenig hinterher, sei es strukturell und vor allem finanziell», bedauert Studler. In der Schweiz verdienen selbst in der höchsten Spielklasse die allerwenigsten Geld.

Liebe zum Fussball: Mirjam Studler leitet die Frauenabteilung beim FC Schwanden, spielt selber Fussball und war schon Trainerin der Piccolos.
Liebe zum Fussball: Mirjam Studler leitet die Frauenabteilung beim FC Schwanden, spielt selber Fussball und war schon Trainerin der Piccolos.
Pressebild

Nur noch eine Aktivmannschaft

Derzeit gibt es im Glarnerland eine aktive Frauenmannschaft, beim FC Schwanden in der 4. Liga. Bis vor Kurzem gab es noch eine zweite, das eigentliche Aushängeschild im Kanton. Dieses Team stand 2018 sogar im Cupfinal des Ostschweizer Fussballverbandes (2:3-Niederlage gegen Appenzell). Aber die Mannschaft von Linth-Schwanden aus der 3. Liga, in der Vorsaison sogar noch in der 2. Liga tätig, wurde im Winter 2022 nach etwa drei Spielen vom Meisterschaftsbetrieb zurückgezogen. «Bereits zuvor haben diverse Stammkräfte und gestandene Spielerinnen aufgehört, irgendwann setzt man die Prioritäten einfach anders», erklärt Studler.

Die 29-Jährige führt weiter aus: «Der Kader war schon recht dünn, und als noch weitere Spielerinnen aufhörten, wurde die Reissleine gezogen.» Da auch der Kader beim FC Schwanden eher knapp war, habe man sich entschieden, die Mannschaften zusammenzulegen und nur noch ein Team in der 4. Liga zu stellen. «Für die Juniorinnen ist der Sprung in die 2. oder 3. Liga schlicht zu gross», sagt Studler.

Zu kleines Einzugsgebiet

Auch wenn die abgelaufene Saison nicht unbedingt darauf schliessen lässt, ist Mirjam Studler überzeugt, dass es im Glarnerland möglich ist, irgendwann wieder eine Frauenmannschaft in der 2. Liga zu stellen. Schwanden wurde in der 4. Liga, die tiefste der Schweiz, mit zwölf Punkten aus 16 Spielen Tabellensechster. «Wir sind alles in allem auf einem guten Weg, und das Ziel ist immer, dass man sich leistungsmässig steigern kann», so Studler.

Dennoch, es gibt die eine oder andere Hürde im Kanton, was den Frauenfussball betrifft. Das kleine Einzugsgebiet und die Konkurrenz im Linthgebiet, wie etwa in Uznach, Eschenbach oder natürlich Rapperswil-Jona, sind laut Studler die grössten Herausforderungen des Glarner Frauenfussballs. «Und Frauen hören durchschnittlich eher früher mit dem Fussball auf als Männer, mit 30 ist bei den meisten Schluss.» Auch die Trainersuche sei nicht immer einfach, aber das sei im Männerfussball nicht wesentlich anders.

Die Vorreiterin

Schwanden ist im Frauenfussball die Hochburg im Glarnerland, und die Teams geniessen einen grossen Stellenwert. Das erstaunt nicht, denn erstens haben die Frauen den Verein einst durch ihren Einsatz an verschiedenen Fronten gerettet, und zweitens wurde das erste Frauenteam des Kantons 1996 in Schwanden gegründet. Eine der Spielerinnen damals war Kathrin Meier, so etwas wie die Vorreiterin im Glarner Frauenfussball. Sie spielte beim FC Bad Ragaz in der Nationalliga A und war in der U-18-Nationalmannschaft der Schweiz, für welche sie auch Tore erzielte.

Im Jahr 1996: die erste Frauenmannschaft im Kanton des FC Schwanden mit Kathrin Meier (Mitte, Dritte von rechts).
Im Jahr 1996: die erste Frauenmannschaft im Kanton des FC Schwanden mit Kathrin Meier (Mitte, Dritte von rechts).
Pressebild

Viel Zeit ist seither vergangen, und der Frauenfussball hat sich enorm entwickelt, auch im Glarnerland. Weltweit ist von einem Boom die Rede. «Davon zu sprechen wäre im Glarnerland vielleicht etwas übertrieben. Der Frauenfussball ist aber sicher etablierter, speziell in Schwanden», sagt Studler. Mittlerweile würden viel mehr Mädchen Fussball spielen, ergänzt die Leuggelbacherin. Insgesamt rund 100 Mädchen und etwa 20 Aktivfrauen spielen im Glarnerland Fussball. «Diese Zahlen sind befriedigend, aber sicher noch ausbaufähig», so Studler, welche selber seit, sie sieben Jahre alt ist, Fussball spielt.

Den Sprung kleiner halten

Vier Juniorinnenmannschaften stellt der Kanton Glarus, je zwei in der Kategorie U12 und U15 beim FC Schwanden und beim FC Linth 04. Sämtliche Mädchenteams aus dem Glarnerland taten sich in der letzten Saison jedoch schwer und beendeten die Meisterschaft in den hinteren Positionen. «Resultatmässig besteht sicher noch Luft nach oben», so Studler. Die 29-Jährige sagt aber auch, dass kein Grund zur Sorge bestehe. Man müsse im Hinterkopf behalten, dass die neuen Kategorien FF12 und FF15 beim Ostschweizerischen Fussballverband erst vor fünf Jahren eingeführt wurden. «Das sind vier Jahrgänge, und wenn man im Team viele junge Jahrgänge hat, ist es extrem schwierig, mitzuhalten.»

Früher hätten viele Mädchen erst mit elf oder zwölf Jahren mit dem Kicken begonnen, das habe sich nun geändert, und die Fortschritte seien ersichtlich. «Wir sind eigentlich überall gut aufgestellt, und die Basis ist gelegt. Man merkt, dass sich die Mädchen stetig verbessern», so Studler, die derzeit in Bern in Sozialen Neurowissenschaften doktoriert.

In der Kategorie U19 stellt das Glarnerland keine Mannschaft – noch nicht. «In Schwanden und Näfels trainiert je ein Grüppchen junger Frauen. Ziel ist es, ein gemeinsames Team aufzubauen und an der Meisterschaft teilnehmen zu lassen», sagt Mirjam Studler. So könne der Sprung zu den Aktiven kleiner gehalten werden.

Glarnerinnen im Spitzenfussball

Den Sprung in die beiden höchsten Schweizer Spielklassen schafften auch immer wieder Glarnerinnen. Wie etwa die Schwestern Nicole und Stefanie Hug, Debora Tremp, Rebecca Acosta, Nicole Feldmann, Damiana Antonazzo oder die Schwester von Mirjam Studler, Livia, um nur einige zu nennen. Sie alle haben für die Frauen von Rapperswil-Jona gespielt. Dass es sogar möglich ist, aus dem Glarnerland in den bezahlten Fussball zu wechseln, hat Ardita Iseni bewiesen.

Zwei weitere vielversprechende Talente aus dem Kanton Glarus sind Delia Cescato und Amira Eicher. Die 19-jährige Cescato hat im letzten Jahr bei Rapperswil-Jona in der zweithöchsten Schweizer Liga gespielt, ist mittlerweile aber bei 1.-Ligist Eschenbach tätig. Amira Eicher ist 17-jährig und Torhüterin, sie ist aktuell in der U-19-Auswahl beim FC St. Gallen und kann zeitweise mit der ersten Mannschaft trainieren.

In Singapur geboren, in Hätzingen Skifahren gelernt

Eine erfolgreiche Fussballerin mit Glarner Wurzeln ist Nathalia Spälti. Die Grosseltern der 25-Jährigen, Louis und Ruth Spälti, wohnen in Glarus. Nathalia Spälti ist in Nyon im Kanton Waadt heimisch, und die Abwehrspielerin ist beim Spitzenteam Servette FC Chênois Féminin in der Womens Super League unbestrittene Stammspielerin. Ihr Vater Marc Spälti ist im Glarnerland aufgewachsen und hat hier auch Fussball gespielt, geboren wurde er jedoch in Amerika. Er kehrte in die USA zurück, und als er bei der UBS tätig war, arbeitete er in Singapur, wo er seine Frau kennenlernte. Nathalia Spälti kam im asiatischen Stadtstaat zur Welt, die Familie kehrte dann aber zurück in die Schweiz.

Mit Glarner Wurzeln: Die Abwehrspielerin Nathalia Spälti (rechts) spielt für Servette FC Chênois Féminin in der höchsten Schweizer Spielklasse und ist dort Stammspielerin. 
Mit Glarner Wurzeln: Die Abwehrspielerin Nathalia Spälti (rechts) spielt für Servette FC Chênois Féminin in der höchsten Schweizer Spielklasse und ist dort Stammspielerin. 
Bild Ennio Leanza/Keystone

«Immer wenn Nathalia mit Servette in Luzern spielt, kommt sie uns besuchen», erzählt Grossmutter Ruth Spälti. Zuletzt sei dies im März dieses Jahres der Fall gewesen. Nathalia Spälti kennt das Glarnerland daher gut. «Sie hat in Hätzingen Skifahren gelernt und ist auch in Braunwald auf den Brettern gestanden», so ihre Grossmutter. Nathalia Spälti spricht kaum Schweizerdeutsch, sie verstehe es aber, so Ruth Spälti und ergänzt mit einem Lachen: «Ich hätte, als sie ein Kind war, mehr Schweizerdeutsch mit ihr sprechen sollen.»

Nathalia Spälti hat erst kürzlich ihren Vertrag bei Servette um ein weiteres Jahr verlängert. In der Womens Super League und den verschiedenen Cupwettbewerben hat sie bisher für Yverdon und Servette 146 Spiele bestritten, und sie lief in einem Freundschaftsspiel gegen Malta im Januar 2020 einmal für das A-Team der Schweizer Nationalmannschaft auf. Ins WM-Kader hat sie es aber nicht geschafft.

Paul Hösli ist Redaktor bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Wenn er keine Artikel über das regionale Geschehen verfasst, produziert er die Zeitung. Zudem ist er der Stellvertreter von Ruedi Gubser für das Ressort Sport. Er ist seit 1997 bei der «Südostschweiz», im Jahr 2013 wechselte er intern von der Druckvorstufe in die Redaktion. Zuerst in einem 40-Prozent-Pensum und seit 2016 zu 100 Prozent. Mehr Infos

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