×

Die Stadthalle hat bald als Impfzentrum ausgedient

Mit einer Walk-in-Aktion sollen in der Churer Stadthalle die letzten Dosen verimpft werden. Ab August wird wieder im Kreuzspital geimpft.

27.07.21 - 04:30 Uhr
Politik
Impfung ohne Anmeldung: Am Freitag und Samstag wird das Impfzentrum in der Churer Stadthalle zum ersten Walk-in-Zentrum im Kanton – danach hat es als Impfzentrum ausgedient. 
Impfung ohne Anmeldung: Am Freitag und Samstag wird das Impfzentrum in der Churer Stadthalle zum ersten Walk-in-Zentrum im Kanton – danach hat es als Impfzentrum ausgedient. 
Bild Olivia Aebli-Item

Seit April dient die Churer Stadthalle als grösstes Impfzentrum im Kanton. Bis zu 1800 Dosen hat das Pflegepersonal dort zwischenzeitlich jeden Tag an die Impfwilligen injiziert. «Diese Zahlen erreichen wir bei Weitem nicht mehr», sagt Rudolf Leuthold, Leiter des kantonalen Gesundheitsamts. Und auch, wenn sich jetzt plötzlich doch noch viele, die aus den Ferien zurückkommen, zur Impfung eintragen, könne dies gut im Kreuzspital erledigt werden. Ab dem Nationalfeiertag sind alle Impftermine im Raum Chur also wieder zurück am «alten» Impfstandort in der Region.

Übrigens erhalten auch diejenigen Personen, die diesen Freitag oder Samstag eine erste Impfung in der Churer Stadthalle erhalten haben, ihren zweiten Impftermin im Kreuzspital. In der Stadthalle können an aber diesen beiden Tagen zwischen 12 und 14 Uhr auch spontan Erst- oder Zweitimpfungen bezogen werden (siehe Front). Zum Impfstandort Stadthalle kann Amtsleiter Leuthold bereits eine erste Bilanz ziehen: «Die Stadthalle als Impfzentrum hat sich auf jeden Fall rentiert», sagt er. Anderenorts wäre es nämlich gar nicht möglich gewesen, so viele Personen wie in den vergangenen Monaten täglich zu impfen.

46,6 Prozent doppelt geimpft

Mit dem Walk-in-Angebot in der Stadthalle soll die Impfquote gesteigert werden. Diese steht nämlich momentan bei 51,7 Prozent für Erstimpfungen und bei 46,6 Prozent für beide Dosen. Das reicht bei Weitem noch nicht für eine Herdenimmunität aus. Und dass bei den 40- bis 60-Jährigen die Impfquote noch unter 50 Prozent steht, bereitet Amtsleiter Leuthold Sorgen (siehe Kurzinterview unten). Denn gerade in dieser Bevölkerungsschicht kommen schwerwiegenden Erkrankungen häufiger vor. Generell entspreche die Impfquote in den verschiedenen Altersgruppen in etwa dem entsprechenden Alter, so Leuthold. Sprich: Je älter die Menschen sind, desto wahrscheinlicher ist, dass sie eine Impfung erhalten haben.

So wirbt der Kanton mittlerweile vor allem bei den «jüngeren» Bevölkerungsschichten um eine Impfung. Auch mit einer Onlinekampagne auf den sozialen Medienplattformen Instagram und Facebook. Bei den Nutzern taucht ein Video auf mit dem Slogan: «Ich bin geimpft, weil ich die guten alten Zeiten vermisse.» Es wird angepriesen: Mit einer Impfung kann das Tanzbein in den Bars und Discos wieder hemmungslos geschwungen werden.

«Die Impfanmeldungen haben seit Kampagnenbeginn wieder zugenommen», sagt Camenisch von der kantonalen Kommunikationsstelle Coronavirus auf Anfrage. Daraus leitet er ab, dass die Kampagne bei den Zielgruppen ankommt. Neben den Onlinebannern sind auch klassische Elemente wie Plakate oder klassische Kommunikationskanäle des Kantons in die Impfkampagne integriert. Allerdings laufe die Aktion der Stadt Chur, die bis Ende August Nachtschwärmer gratis testet, gegen diese Kampagne des Kantons. «So lange unentschlossene Personen kostenlos Coronatests für den Zutritt in Tanzlokale machen können, werden sie die Testmöglichkeiten wohl vorziehen», so Camenisch.

Discokampagne nicht nur für Junge

Camenisch bestätigt zudem, dass die Aktion in den sozialen Medien in erster Linie jüngere Personen und Personen mittleren Alters gerichtet sei. Es ginge also nicht nur darum, allein die 18- bis 25-Jährigen zum Impfen zu bringen, sondern eben auch diese kritische Gruppe von 40- bis 60-Jährigen. «Die Zielgruppe wird durch die Kampagne gut abgedeckt», sagt er.

Vier Fragen an …

Rudolf Leuthold

Leiter kantonales Gesundheitsamt

  1. Die Impfkampagne läuft bereits seit Anfang Jahr. Warum kommt gerade jetzt die erste Walk-in-Möglichkeit im Kanton?
    Wir wollen testen, ob mit dem Walk-in jetzt noch mehr Personen, die unentschlossen sind, zum Impfen kommen. In Bülach zum Beispiel war ein solcher Versuch erfolglos. In den Medien war zu lesen, dass etwa zehn Personen pro Tag das Angebot nutzen. Wir möchten mit dem Impfzentrum in Chur herausfinden, ob das Walk-in-Angebot für Graubünden eine Option ist – auch für weitere Gebiete. Wir wollen wissen, ob das ein Flop oder ein Erfolg sein wird.
  2. Wie viele Personen erwartet man am Wochenende im Walk-in-Zentrum?
    Wir hoffen auf 100 bis 200 Personen. Noch schöner wären noch mehr, doch das ist schwierig zu prognostizieren.
  3. Welche Impfquote ist momentan das Ziel?
    Im Prinzip ist das Ziel, dass jede Person sich impft, die sich impfen lassen kann. Es gibt allerdings keinen Zielwert, den wir vom kantonalen Gesundheitsamt anstreben. Es ist einfach so: Je höher die Quote, desto schneller wird die Pandemie beendet sein. Alle haben die Wahl: Entweder sie werden vom Virus infiziert oder sie lassen sich impfen.
  4. Wenn wir auf den Herbst schauen, im Zusammenhang mit der grassierenden Delta-Variante, wird das Walk-in-Angebot helfen, eine Herdenimmunität zu erreichen?
    Eine Herdenimmunität werden wir wahrscheinlich nicht erreichen. Die ist mit der Delta-Variante noch höher geworden. Aber es ist ein Versuch, diejenigen zu erreichen, für die der Registrierungsprozess zu umständlich ist. Mit dieser Walk-in-Möglichkeit wollen wir schauen, wie viele von diesen Personen es gibt, und ob diese auch tatsächlich das Angebot nutzen werden. (nan)

Andri Nay hat Wirtschaftsgeschichte und Politikwissenschaften studiert. Er schreibt seit 2017 für das «Bündner Tagblatt» und die «Südostschweiz». Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

Kein Wunder, ist die Impfquote bei den Jüngeren schlecht. Der Kanton hat so lange stur an Alterspriorisierung festgehalten und jüngeren Leuten keine Termine gegeben, dass für die U50 der Eindruck entstehen musste, dass es ja nicht so wichtig sein kann.

Mehr zu Politik MEHR