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«Das Theater» mit dem Schweizer Pass

Sasi Subramaniam hat den Präsidenten des Vereins Theater Glarus, Maurizio Piva, getroffen und mit ihm über die Faszination des Theaterspielens gesprochen – und über den Schweizer Pass.

Sasi
Subramaniam
22.10.22 - 04:30 Uhr
Kultur

von Sasi Subramaniam

Ich bevorzuge seinen Vornamen, Maurizio. Ich finde, dass es ein ungewöhnlicher und starker Name ist. Der zweifache Familienvater aus Mollis arbeitet als Leiter Services Werbemarkt bei der Somedia und ist zudem Präsident des Vereins Theater Glarus. Vor einigen Monaten hatte ich die Gelegenheit, mit ihm an einer Veranstaltung in Glarus zu plaudern. Maurizio erzählte mir, dass seine Mutter zwar Schweizerin sei, er aber keinen Schweizer Pass besitze. Ich wurde neugierig und habe nachgefragt, wie seine beiden Kinder Schweizer geworden seien. «Weil ihre Mutter Schweizerin ist», lautete seine Antwort. Das verwirrte mich.

Im neuen Stück des Theaters Glarus «Der Vorname» spielt Maurizio Piva die Rolle von Pierre Garand. Ich habe ihn Anfang dieser Woche getroffen und hatte die Gelegenheit, über sein Bühnenleben sowie über sein Leben im Allgemeinen zu sprechen.

Wie kamst du zum Theaterspielen?

Maurizio Piva: So richtig in Kontakt mit dem Theater kam ich 2010 beim Freilichttheater «Annas Carnifex» in Mollis. Ich habe mir gedacht, wenn schon quasi vor meiner Haustüre Theater gespielt wird, bewerbe ich mich. Ich bekam prompt eine Rolle. Seit 2013 bin ich beim Theater Glarus und seit 2020 amtiere ich als Präsident. Übrigens findet heute Samstag die Premiere des Stücks «Der Vorname» statt. Ein Besuch im «Schützenhaus» in Glarus lohnt sich auf jeden Fall.

Was fasziniert dich am Theater?

Als Kind schaute ich mir mit meiner Grossmutter im Fernsehen immer wieder Theaterstücke an. Dass in einem kleinen Raum mit einer Kulisse während rund zwei Stunden Situationen aus dem Leben gespielt werden, hat mich immer fasziniert. Ich fragte mich auch ständig, wie es wohl hinter der Bühne aussehe.

Wie war deine Kindheit und wo bist du aufgewachsen?

Ich bin der Sohn eines Immigranten. Mein Vater kam wie viele andere Italiener Ende der 1960er-Jahre in die Schweiz, um zu arbeiten. Er lernte meine Mutter kennen, die im Glarnerland geboren und aufgewachsen ist. Ich wuchs in Luchsingen auf, ging in Hätzingen in die Primarschule, in Linthal in die Sekundarschule und anschliessend absolvierte ich die kaufmännische Ausbildung. Wie viele, vor allem ausländische Kinder war ich während der Schulzeit ein typisches «Schlüsselkind». Beide Elternteile waren an der Arbeit, wenn ich nach Schulschluss nach Hause kam.

Obwohl deine Mutter Schweizerin ist, hast du keinen Schweizer Pass. Wie kommt das?

Früher war es so, dass bei der Geburt das Kind automatisch und nur die Staatsbürgerschaft des Vaters erhielt und ich somit ausschliesslich als Italiener galt. Heute ist das Gegenteil der Fall, die Kinder nehmen die Staatsbürgerschaft ihrer Mutter an. Ich bin quasi der Ausländer im Haushalt. Übrigens musste ich gerade die Niederlassungsbewilligung erneuern (lacht wieder).

Warum besitzt du noch immer keinen Schweizer Pass?

Ich hatte zeitlebens nie einen Nachteil damit, keinen Schweizer Pass zu haben. Dafür bin ich der Schweiz sehr dankbar. Und es war auch keinesfalls anstrengend (lacht). Man benimmt sich, wie es sich gehört – et voilà. Kein Problem. Daran gehindert hat mich der Gedanke, dass irgendeine Kommission oder die Gemeindeversammlung oder wer auch immer darüber bestimmen kann, ob ich Schweizer werden «darf» oder nicht. Und Militärdienst habe ich weder in der Schweiz noch in Italien gemacht.

Stört es dich, dass du nicht abstimmen und wählen kannst?

Stören ist vielleicht der falsche Ausdruck. Ich verstehe es nicht ganz. Ich bin seit Geburt in der Schweiz, lebe wie ein Glarner, integriert durch und durch, und mein Glarnerdialekt kommt aus dem tiefsten Hinterland. Mein Umfeld zeigt sich jeweils überrascht, wenn ich ihm erklären muss, warum ich nicht wählen oder abstimmen darf.

Und zu guter Letzt: Fühlst du dich mehr als Italiener oder eher als Schweizer?

Sagen wir es so: Wenn ich an Italien denke, öffnet sich mein Herz und wenn ich an die Schweiz denke, halte ich es fest.

Das Theater Glarus spielt «Der Vorname» im «Schützenhaus» Glarus. Die Premiere ist am Samstag, 22. Oktober um 20 Uhr. Weitere Informationen und Spielplan unter www.theater-glarus.ch

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