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Stephan Kühnis: Auch Menschen mit einer Behinderung sollen an der Glarner Lands-Gemeinde abstimmen können

Stephan Kühnis hat über 20 Jahre für Pro Infirmis Glarus gearbeitet. Jetzt ist er pensioniert und hat ein Projekt: die Lands-Gemeinde für alle. Also auch für Menschen mit Behinderung.

Daniel
Fischli
27.01.24 - 04:30 Uhr
Glarus
Stephan Kühnis arbeitet an der inklusiven Lands-Gemeinde. Er glaubt: Der Kanton Glarus ist dann ein Modell für andere Kantone.
Stephan Kühnis arbeitet an der inklusiven Lands-Gemeinde. Er glaubt: Der Kanton Glarus ist dann ein Modell für andere Kantone.
Bild Sasi Subramaniam

Ein bekanntes Problem

Die Lands-Gemeinde in Glarus findet immer am ersten Sonntag im Mai statt.
An die Lands-Gemeinde muss man persönlich kommen und abstimmen.
Aber nicht alle Menschen können persönlich kommen.
Manche Menschen arbeiten am Sonntag.
Das ist zum Beispiel ein Problem für Ärzte und Ärztinnen.
Kranke und Menschen mit Behinderungen können oft auch nicht kommen.
Stephan Kühnis möchte das ändern.
Deshalb plant er mit dem Kanton Glarus für 2025 die erste inklusive Lands-Gemeinde.

Vorbereitungen für die inklusive Lands-Gemeinde 2025

Wie funktioniert eine Lands-Gemeinde?
Was ist ein Land-Ammann und was macht er?
Was ist ein Memorial?
Was ist der Ring?
Was sind die Traktanden oder Geschäfte?
Was sind meine Rechte?
Das sind schwierige Fragen für viele Menschen.
Und für Menschen mit einer kognitiven Behinderung ist das alles noch schwerer.

Pro Infirmis erklärt die schwierigen Fragen zur Lands-Gemeinde in Leichter Sprache.
Dazu organisieren Stephan Kühnis und eine Fachstelle von Pro Infirmis Workshops.
Die Workshops finden vor der Lands-Gemeinde 2024 statt.

Lands-Gemeinde 2025: Weitere Projekte für Menschen mit Behinderungen

Die Ziele von Stephan Kühnis für die erste inklusive Lands-Gemeinde 2025:
–  Lands-Gemeinde auch für gehörlose Menschen.
–  Blinde Menschen sollen sich selbstständig bewegen können.
–  Die Tribüne mit dem Mikrofon ist auch für Menschen im Rollstuhl zugänglich.
–  Ein Lands-Gemeinde-Memorial in Leichter Sprache.

Denn im Memorial stehen die Themen für die Lands-Gemeinde. 
Aber diese Texte sind oft schwer zu verstehen.
Viele Menschen verstehen Texte in Leichter Sprache besser.

Mehr Infos über Leichte Sprache siehe Info-Box.

Leichte Sprache

Sehr viele Menschen in der Schweiz können schlecht lesen.
Deshalb gibt es Leichte Sprache.
Und in einer UNO-Konvention für Behinderten-Rechte (UNO-BRK) steht:
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Informationen und Kommunikation.

Leichte Sprache macht Texte einfacher.
Die Texte sind leichter zu lesen und zu verstehen.
Für Leichte Sprache gibt es besondere Regeln.
Zum Beispiel sind die Sätze kurz.
Meistens steht nur ein Satz auf einer Zeile.
Es gibt auch viele Überschriften.

Übersetzung in Leichte Sprache:
Büro für Leichte Sprache von Pro Infirmis Website: www.buero-leichte-sprache.ch

Ein weiterer wichtiger Punkt: 2025 soll es ein neues Selbst-Bestimmungs-Gesetz geben.  
Stephan Kühnis arbeitet mit an diesem Gesetz.
Dann spricht die Lands-Gemeinde 2025 wahrscheinlich über dieses Gesetz.

Warum das neue Selbst-Bestimmungs-Gesetz?

Menschen mit Behinderung sollen selbst über ihr Leben bestimmen können.
Sie sollen entscheiden können, wo sie wohnen und arbeiten.
Sie sollen entscheiden können, wer sie betreut.

Viele Menschen mit Behinderungen müssen nicht zwingend in Heimen leben!

Es gibt immer mehr ambulante Betreuung.
Aber dafür braucht es Assistenz-Dienste.
Diese Dienste helfen alten Menschen und Menschen mit Behinderungen. 
Dann müssen diese Menschen nicht in ein Heim.
Sie sind autonomer.

Stephan Kühnis meint: Die Hälfte von den Menschen in Heimen könnte auch in autonomeren Wohnformen leben.
Warum wohnen diese Menschen in Heimen? 
Es gibt zwei Erklärungen:

1.   Manche Heime lassen die Menschen nicht gerne gehen. Denn die Heime bekommen Geld für ihre Arbeit. Deshalb möchten sie keine leeren Zimmer.

2.   Andere Personen entscheiden und denken für die Menschen mit Behinderungen. Zum Beispiel: Menschen mit Behinderungen haben Betreuer. Die Betreuer machen sehr viel für die Menschen mit Behinderungen. Die Menschen mit Behinderungen haben sich an diese Hilfe gewöhnt. Sie haben nicht gelernt, selbst zu handeln und zu entscheiden.

Um schwimmen zu lernen, geht man in den See!

Menschen mit Behinderungen können lernen, mehr selbst zu machen.
Zum Beispiel selbst den Müll raustragen.
Im Heim geht das normalerweise nicht.
Dafür braucht man eine eigene Wohnung.
Das ist der erste Schritt für ein selbstbestimmtes Leben.
Und am Ende können es Menschen mit Behinderungen sogar bis in die Politik schaffen.

Hier könnt ihr den Text in der Originalfassung lesen:

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert. Mehr Infos

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