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Werde ich zum E(asy)-Rider?

Unser Autor hatte schon das eine oder andere Velo. Eine grosse Liebe ist nie daraus entstanden. Bis jetzt?

14.06.23 - 16:30 Uhr
Alt und verstaubt: Unser Autor hatte noch nie eine Affinität fürs Velofahren. Wird sich das jetzt ändern?
Alt und verstaubt: Unser Autor hatte noch nie eine Affinität fürs Velofahren. Wird sich das jetzt ändern?
Bild Freepik

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Über 60 Prozent der Haushalte in der Schweiz verfügten 2021 über ein Velo. Mein Haushalt gehörte auch dazu. Mein Velo steht aber auch schon seit einiger Zeit auf dem Estrich und verstaubt dort vor sich hin. Offenbar hat die Bindung zwischen mir und meinem Drahtesel in den letzten Jahren etwas gelitten.

Mein erstes Velo hatte Stützräder. Ich hatte es damals, gemeinsam mit meiner Schwester, von unserem Vater geschenkt bekommen. Es trug den stimmigen Namen «Davy» und konnte in der Mitte zusammengeklappt werden. Wir erkundeten damit die Strassen und Wege unseres Heimatdorfes und kurvten in den Ferien auf Entdeckungsfahrten über Campingplätze in Italien und Frankreich umher. Soweit so gut. Der Start in ein Velofahrerleben war geschafft und irgendwann dann auch die Stützräderzeit überwunden.

Je älter ich wurde, desto weiter wurden die Wege, die ich zurücklegen sollte. Da ich ein fauler Hund war (und bin), legte ich sie vermehrt mit dem ÖV zurück und ab November 1999 – da hatte ich die Fahrprüfung bestanden – mit dem Auto, sofern ich mir dieses von meinen Eltern leihen durfte. Ich hatte zwar noch ein schönes Velo (ein weinrotes Mountainbike), es sah aber vergleichsweise selten das Tageslicht und stand im Veloraum rum. Freddie Mercury liebte sein Velo mehr, als ich es in der Lage war.

Etwas mehr Zeit auf dem Drahtesel verbrachte ich dann gezwungenermassen während der Unteroffiziersschule. Auf diversen Übungen durften wir einige Kilometer auf dem Ordonnanzrad 05 – und wir sprechen hier vom Jahr 1905 – zurücklegen. Leichtmetall? Gangschaltung? Nix da. Ein Stahlrahmen, ein Gang, eine Rücktrittbremse und die dynamobetriebene Beleuchtung zeichnen das Kultvelo auch heute noch aus. Für hipsterige Ausflüge in die Stadtbadi sicher wunderbar. Bei Gegenwind irgendwo in der Zentralschweiz einen Hügel hinauf mehr Krampf als Freude und von entsprechenden Schimpftiraden begleitet. Hinzu kam, dass wir die Velos stets wieder abgeben mussten, bevor es bergab ging. Safety first. Einer Horde 20-Jähriger auf knapp hundert Jahre alten Velos einen Downhill zu ermöglichen, hat der Risikoabwägung der Verantwortlichen offenbar nicht standgehalten – zu Recht.

Wie dem auch sei. Auch diese Erfahrungen vermochten bei mir kein nachhaltiges Velofieber zu entfachen. Nichtsdestotrotz war für mich klar, dass ich während des Studiums in Winterthur nicht auf einen fahrbaren Tretuntersatz verzichten wollte. Winterthur ist eine Velostadt und mein Studentenbudget liess auch kein kostspieliges ÖV-Abo zu. Ein «Gleis-7-Abo» (Generalabonnement ab 19 Uhr bis Betriebsschluss) musste reichen. Ich radelte also für ein paar Jahre regelmässig durch Winterthur.

Als ich nach dem Studium nach Bern zog, kam auch das Studentenvelo mit. Nicht mehr ganz so einwandfrei in Schuss aber immer noch fahrtauglich. Da ich recht zentral wohnte, gerne auch mal zu Fuss ging und der Budgetposten ÖV meinen Finanzhaushalt im Vergleich zu anderen Ausgaben nur unmerklich belastete, stand das Velo nach einigen Jahren vereinsamt im Quartier rum. Irgendwann war es verschwunden. Vielleicht fährt ja heute noch jemand in Bern damit vom Breitenrainquartier in die Matte.

Ich kehrte nach knapp zehn Jahren in der Bundesstadt nach Graubünden zurück. Ohne Velo. Meine Schwester, die eine beachtlichere Velo-Karriere gemacht hatte als ich, vermachte mir ihr altes Bike. Gefahren bin ich damit einmal, als ich verschlafen hatte und nicht mehr auf den ÖV warten mochte. Da ich trotz meiner geringen Velo-Affinität irgendwie immer in einen Miguel-Indurain-Modus verfalle, sobald ich auf einem Velo sitze (sprich: In die Pedale trete, als gelte es die Tour de France zu gewinnen), ohne aber über die Miguel-Indurain-Kondition zu verfügen, war das eine anstrengende und schweisstreibende Angelegenheit, die sich nicht wiederholen sollte.

Bis jetzt. Vor einigen Tagen habe ich das Inserat eines Arbeitskollegen entdeckt, der sein E-Bike zu einem erschwinglichen Preis feilbot. Da in E-Bikes ein kleiner Miguel-Indurain-Motor verbaut ist (ich nenne ihn ab sofort so), kann ich damit auch mit meinen 42 Lenzen ins Büro fahren, ohne dort abgekämpft, keuchend und nassgeschwitzt anzukommen. Vielleicht wird das ja doch noch was mit den Velos und mir. 

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