×

Vom florentinischen Hütchenspiel in die Mailbox

Über Betrügereien im echten Leben und in den Weiten des Internets.

12.07.23 - 16:30 Uhr
Florenz: Der Ort des Betrugs für das 15-jährige Pendant unseres Autors.
Florenz: Der Ort des Betrugs für das 15-jährige Pendant unseres Autors.
Bild Freepik

«OK Boomer» versus «Wa hesch denn du scho erlebt du huere Banane?» Im Blog «Zillennials» beleuchten Vertreterinnen der Generation Z, Nicole Nett und Anna Nüesch, und die Millennials David Eichler und Jürg Abdias Huber in loser Folge aktuelle Themen. Im Idealfall sorgen die vier damit für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Minimal hoffen sie, für etwas Unterhaltung, Denkanstösse und den einen oder anderen Lacher zu sorgen.

Betrugsversuche sind so alt wie die Menschheit. Da müssen wir uns wohl nichts vormachen. Betrügereien hat es schon immer gegeben und es wird sie wohl auch immer geben. Die Maschen werden undurchsichtiger und subtiler, das Ziel bleibt das gleiche: jemanden ungerechtfertigt zu erleichtern. Sei es um Geld, Waren, Dienstleistungen, Liebe oder Körperlichkeit.

Es ist ein Trugschluss, davon auszugehen, dass systematisches Betrügen direkt mit dem Aufkommen des Internets zusammenhängt. Den sogenannten Vorschussbetrug beispielsweise, gab es bereits im 16. Jahrhundert. Damals herrschte ein allgemeiner Arbeitskräftemangel (also auch keine Erfindung des 21. Jahrhunderts). Den machten sich Betrüger zunutze, indem sie sich auf Stellenanzeigen meldeten und den künftigen Arbeitgeber um einen Vorschuss auf den Lohn baten. Sie gaben dann beispielsweise an, den Umzug an den neuen Arbeitsort berappen zu müssen. Hatten sie den Vorschuss erhalten, meldeten sie sich nicht mehr.

Zum Massenphänomen wurden die Betrugsversuche mit dem Aufkommen von Faxgeräten in den 1980er-Jahren. Da verschickten insbesondere Banden aus Nigeria massenweise Faxnachrichten, in denen dem Empfänger grosse Gewinne versprochen wurden. Gerne ausgeschmückt mit Geschichten über randvolle Konten ehemaliger Machthaber, deren Inhalt mithilfe des Angeschriebenen ins Ausland transferiert werden sollte. Natürlich sollte sich das für die Helfer lohnen, und so wurden und werden entsprechende Versprechen gemacht, die dann nie eingehalten wurden. Solche Nachrichten erhält man auch heute noch gerne per E-Mail. Ein englischsprachiger Komiker hat sich auf einen Dialog mit einem Mailbetrüger eingelassen. Das Resultat ist pures Comedygold.

Etwas perfider gehen Love-Scammer, die digitale Weiterentwicklung der Heiratsschwindler, vor. Sie melden sich auf Onlinedating-Profilen, versprechen den Angeschriebenen die grosse Liebe und kommen dann irgendwann auf das Thema Geld zu sprechen. Da wird dann erzählt, dass man Geld brauche, um den Kontakt aufrechtzuhalten, um die Anreise zu einem gemeinsamen Treffen zu bezahlen oder für einen angeblichen Krankenhausaufenthalt. Den eigenen oder den eines nahen Verwandten.

Die Möglichkeiten für Betrug sind mannigfaltig. Man mag sich nun einreden, dass einem das selber nicht passiert. Schliesslich ist man ja nicht auf den Kopf gefallen. Offenbar fallen aber noch immer genügend Leute auf solche Betrugsversuche rein. Hätten die Betrüger keinen Erfolg mit ihrer Masche, würden sie sich die Mühe nicht mehr machen, so vermute ich.

Ich habe schon unzählige Mails erhalten, in denen mir Unsummen an Geld versprochen wurden, und habe mich auch schon auf Instagram oder Facebook mit Damen unterhalten, bis sie Geld von mir verlangten. Reingefallen bin ich bis jetzt noch nie. Zumindest nicht online.

Erfolgreich war bei mir eine viel älteren Masche. Einer, die bereits in der Antike angewendet wurde. Ich war etwa 15 Jahre alt, als ich mit meiner damaligen Schulklasse in Florenz auf Klassenreise war. Auf der Piazza del Duomo beobachtete ich, wie ein Geschäftsmann immer wieder beim Hütchenspiel verlor. Dabei war es doch jedes Mal offensichtlich, unter welchem der drei Hütchen sich die gesuchte Papierkugel befand – so dachte ich und sah die Chance, mein Ferienbudget aufzupolieren. Ich setzte meine letzten 80'000 Lire (damals ca. 80 Franken) auf das eine Hütchen, unter dem ich die Kugel vermutete – was sage ich – mit Sicherheit wusste. Und zack, war ich um oben genannten Betrag ärmer. Wer jetzt meint, dass ich meine Lektion gelernt hatte, der irrt sich. Ich verlangte von meinem Klassenkameraden kurzerhand denselben Betrag, um mein Geld zurückzugewinnen. Er gab mir das Geld (warum auch immer) und ich verspielte auch das innert Sekunden. Da dämmerte mir dann doch langsam, dass ich wohl betrogen worden war. Hat etwas gedauert, kam dann aber knüppelhart. Alles, was ich aus dem Intermezzo mitnahm, waren ein leeres Portemonnaie, 80'000 Lire Schulden bei meinem Kollegen, den freundschaftlichen Spott der gesamten Klasse – und eine Geschichte, die ich fast 30 Jahre später in einem Blog über Betrugsmaschen erzählen kann.

Der langen Schreibe kurzer Sinn: Wenn etwas, das zu einfach oder zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es halt oft genau das: nicht wahr.

In diesem Sinne: immer schön aufmerksam bleiben. Im echten Leben und online.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.