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Märchen, Sagen und letzte Klangerlebnisse

Märchenhafte Klänge und Bilder sind am Samstag in der «Ustria dalla Staziun» in Sumvitg geboten worden. Die Finissage «Sagen Klang Bilder» beendete eine seit fast zwei Jahren gezeigte Skulpturenausstellung.

Südostschweiz
20.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Irina Meinschien

Sumvitg. – «Viele Köche verderben den Brei», besagt eine Redensart. Dass dies nicht immer zutrifft, konnte man am Samstag in Sumvitg erleben. Die Bahnhofs-Kunstgalerie «kunstschalter.ch» hatte gemeinsam mit dem Campingplatz Garvera zur Finissage «Sagen Klang Bilder» geladen. Beendet werden sollte die seit knapp zwei Jahren andauernde Ausstellung «Sculpturas da lenn Sumvitg», in der die Werke von sechs ausgewählten Künstlern der Region im Garten rund um den Bahnhof präsentiert worden waren.

Von seltsamen Kirchen und Beizen

Um Kunst aus Holz ging es auch in der Finissage – jedoch taten sich hier einige Vertreter ganz unterschiedlicher Disziplinen zusammen, um ein gemeinsames Projekt auf die Bühne zu bringen: Vorgetragen wurden surselvische Märchen und Sagen, untermalt von warmen, auf Holzinstrumenten produzierten Klängen und spontan gemalten Bildern. Die Beteiligten: der Holzbildhauer Duri Caviezel, der sich seit zehn Jahren intensiv mit der Entwicklung von Klangkörpern aus Holz beschäftigt, die er ständig weiterentwickelt und bei Veranstaltungen auch selbst spielt – oder von professionellen Perkussionisten spielen lässt. Weiterhin die Zeichnerin Veronika Übersax, Illustratorin des demnächst erscheinenden Alpen-Märchenbuchs «Wolfsmensch und Bärenhexe», sowie Norbert Deplazes, der Präsident des regionalen Märchenzirkels. Deplazes engagiert sich mit seinem Kreis dafür, die Märchen aus der Surselva weiterzutragen. «Zusammengehalten» wurden die drei von Hannes Schüle, dem Betreiber des Kunstschalters, der die Veranstaltung initiiert hatte und auch moderierte.Fünf mündlich überlieferte Sagen aus der Surserva hatte Deplazes ausgewählt, die er teils auf Romanisch, teils auf Deutsch vortrug. Etwa die von dem Jäger, der am Piz Ner in eine Gletscherspalte fällt und in einer geheimnisvollen Kirche unter dem Eis landet, in der die Menschen zu Staub verfallen, wenn er sie berührt und anspricht – als er später zusammen mit Freunden versucht, die Kirche wiederzufinden, ist sie verschwunden. Oder jene Sage vom «Mutigen von Sumvitg», der eine sonderbare, von einem Geist bewirtschaftete Hütte betritt und es schafft, den Geist durch die richtigen Antworten auf dessen Fragen zu erlösen – ähnlich wie beim Gralskönig Amfortas im «Parzival». Caviezel begleitete die Geschichten mit seinen Klangkörpern und produzierte dumpfe, warme Klänge, die Spannung und Dramatik unterstrichen oder Pferdegetrappel und andere Elemente der Erzählungen assoziierten. Einige Instrumente hatte Caviezel eigens für die Finissage gebaut.Künstlerin Übersax wiederum zeichnete während des Vortrags mit Malkreide herrlich schöne Bilder auf grosse Plakate, die die Geschichten illustrierten.

Die Galerie schliesst ihre Tore

Nach der Sage von der «grossen Schlange auf Salischina» endete die Veranstaltung in einem gemeinsamen Perkussionsvortrag, jeder der Beteiligten griff zu einem Klangkörper und machte mit. Deplazes überreichte Schüle zum Abschluss eine auf Schienen montierte Modelleisenbahn mit der Aufschrift «Kunstschalter RhB – ade». Der Hintergrund: Wegen Unstimmigkeiten mit der Rhätischen Bahn war die Galerie «kunstschalter.ch» gerade geschlossen worden. Deplazes machte damit deutlich, dass hier nicht nur eine Skulpturenausstellung beendet wurde, sondern auch eine ganze Ära, in der den Reisenden am Bahnhof jahrelang kostenlose Kunstausstellungen geboten wurden. Damit ist es nach der Schliessung der Galerie nun leider vorbei.

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