Im DVD-Player läuft ab jetzt die Untervazer Dorfgeschichte

Von Reto Furter

Untervaz. – Im September 1965 standen die Untervazer bis zu den Knien im Wasser, buchstäblich. Nach heftigen Unwettern mussten zwischen den Häusern Stege errichtet werden. Die Schäden waren gross, die «Neue Bündner Zeitung», Vorgängerin der «Südostschweiz», schrieb danach von «entfesselten Elementen». Wie schlimm es wirklich war, wissen Zeitzeugen, zeigen Fotos im Familienalbum – und neu ein Film zur Untervazer Dorfgeschichte auf DVD. Gestern wurde der Film der beiden einheimischen Filmemacher Christian Ludwig und Thomas Röthlisberger in Untervaz uraufgeführt.Hinter dem Filmprojekt steckt der Burgenverein Untervaz, der Kulturverein schlechthin in Untervaz mit gegen 700 Mitgliedern, wie Hans Krättli betont. Krättli ist Gemeindepräsident in Untervaz, zuvor präsidierte er den Burgenverein. Das Filmprojekt habe er in sein Amt mitgenommen, sagt er, die Gemeinde habe damit nichts zu tun. Die Kosten für den Film – laut Krättli rund 45 000 Franken – übernahm der Burgenverein.

Für «Gemütsruhe der Alpenkühe»

Anfang des 20. Jahrhunderts protestierte man in Untervaz gegen den Fortschritt und gegen den «infernalischen Lärm» der Eisenbahnen, wie der Film zeigt. Man wehrte sich gegen den Weiterbetrieb der Bahnlinie nach Chur, weil es die «Gemütsruhe der Alpenkühe störe». Normalerweise höre man nämlich auf dem Calanda sogar «das Krähen der Haushähne von Chur».Dorfgeschichte muss, das verdeutlichen Ludwig und Röthlisberger in ihrem Film aber auch, nicht zwingend etwas sein, was vor langer Zeit passierte. Im Juni letzten Jahres feierte die Untervazer Musikgesellschaft Fahnenweihe – mit viel Volk und Uniformen. Was beim Betrachten der Filmszenen heute gewohnt erscheint, dürfte in einigen Jahren einen verblichenen Schimmer tragen – verbunden mit Wehmut oder Erleichterung. Das Gleiche gilt für die Fastnachts-Aufnahmen.

Schwarz-Weiss und moderner Pathos

Alte Filmaufnahmen, und seien sie noch so jung, sind wichtige Zeitdokumente. Man sieht Menschen, Häuser, Autos – aber man sieht auch Zeiterscheinungen, Trends, Kultur. SchwarzWeiss-Aufnahmen präsentieren eine vergangene Welt, die man sich farbig gar nicht vorstellen kann – und vielleicht auch nicht will. Das ist das Verdienst der Produzenten der Untervazer Dorfgeschichte, auch wenn teils etwas viel Pathos, Heroismus und bewegte Aufnahmen aus Helikoptern drinstecken. Auch das sind wohl Zeiterscheinungen.Was man hingegen nicht sieht, ist der Hintergrund, die Tiefe. Ein Geschichtsbuch oder auch eine multimediale Aufarbeitung der Geschichte als Computerprogramm könnten zweifellos mehr Details vermitteln. Die Frage ist nur: für wen? – Der Film erreicht die Bevölkerung. Wer mehr Hintergrund will, findet ihn in Büchern und Dokumenten.

Die DVD «Dorfgeschichte Untervaz» von Christian Ludwig und Thomas Röthlisberger ist auf der Gemeindekanzlei erhältlich für 25 Franken.